Erster Weltkrieg 1914 - 1918
(die Tiroler Front 1915 - 1918)


Die Vorgeschichte

EH Ferdinand und Gattin SophieErzherzog-Thronfolger Franz Ferdinand und seine Gemahlin, Sophie Herzogin von Hohenberg

Am 28. Juni 1914 fielen in Sarajevo der österreichische Erzherzog-Thronfolger Franz Ferdinand und seine Gemahlin, Sophie Herzogin von Hohenberg (Bild: Hofatelier Kosel, um 1914) den Schüssen bosnischer Attentäter - heute würde man sie Terroristen nennen - zum Opfer. Als Drahtzieher des Mordanschlages galt der serbische Geheimbund "Vereinigung oder Tod". Österreich-Ungarn forderte daruf in einem Ultimatum vom Königreich Serbien Antwort und Bestrafung der Organisatoren des Attentats. Als diese Ultimatum nicht in der erwarteten Form beantwortet wurde, erklärte die Donaumonarchie am 28. Juli 1914 Serbien den Krieg. Damit kam - ausgelöst durch die europäischen Bündnispolitik vom Dreibund (Österreich-Ungarn, Deutschland und Italien) und Entente cordiale (Frankreich, Großbritannien und Russland) - eine Lawine von Mobilmachungen und Kriegserklärungen ins Rollen, die zum Weltbrand des "Ersten Weltkrieges" führte und mit der Austilgung dreier europäischer Großreiche endete: der k.u.k. Donaumonarchie Österreich-Ungarn, des Kaiserreiches Deutschland und des Zarenreiches Russland.

Karte der Bündnissysteme in Europe 1914 -   Öffnen Buendniskarte1914.pdf 

Die Streitkräfte Österreich-Ungarns

Als Antwort auf die allgemeine Mobilmachung Russlands mobilisierte Österreich-Ungarn am 4. August 1914 seine gesamten Streitkräfte. Diese setzten sich - eine Besonderheit der österreichischen Donaumonarchie - aus drei nebeneinander bestehenden, gleichwertigen und drei verschiedenen Ministerien unterstellten Heeren zusammen: dem gemeinsamen k.u.k. Heer und gemeinsamen k.u.k. Flotte, der österreichischen k.k. Landwehr mit dem Landsturm und der ungarischen k.u. Landwehr (Honvéd©d) mit dem Landsturm. Von je 100 Soldaten in den Einheiten dieser Streitkräfte waren 25 Deutscher Sprache, 23 Ungarn, 13 Tschechen, 4 Slowaken, 8 Polen, 8 Ukrainer, 2 Slowenen, 9 Serben oder Kroaten, 7 Rumänen und 1 Italiener. In den einzelnen Regimentern von Infanterie und Kavallerie überwogen jedoch die verschiedenen Nationalitäten; so gab es neben der allgemein deutschen Kommandosprache unterschiedliche Regimentssprachen.

Die Hauptlast der Kampfhandlung trugen bei Kriegsanfang Infanterie, Kavallerie, Artillerie und Traintruppe. Ihre Unterstützung dienten die technischen Truppen, Versorgungs- und Saniätstruppen. Luftschiffer- und Automobiltruppen waren bei Kriegsbeginn erst in Aufstellung, erfuhren jedoch mit dem Kriegsverlauf immer größere Bedeutung. Die Grenzen des Reiches gegen Russland, Serbien, Montenegro und Italien, wie auch im Küstenland waren durch Festungswerke unterschiedlicher Ausbildung und Armierung geschützt. Der Krieg - besonders der Stellungs- und Hochgebirgskrieg - führte zu nicht unwesentlichen Veränderungen in Organisation, Bewaffnung und Adjustierung der kämpfenden Truppen und schuf ein neues Bild des Soldaten.

Der Kriegseintritt Italiens

Bei Kriegsbeginn 1914 hat sich das Königreich Italien durch Neutralitätserklärung seiner Bündnispflichten innerhalb des "Dreierbundes" entledigt. Schon bald bereitete es jedoch durch geheime Annäherungsgespräche mit den Entente Mächten Russland, Frankreich und Großbritanien einen möglichen späteren Kriegseintritt gegen den ehemaligen Bündnispartner vor. Das Schlagwort dazu hieß "sacro egoismo". Im April 1915 hatte sich Italien bereits seine Gebietsforderungen an Österreich-Ungarn - Tirol bis zum Brenner, Friaul und Triest mit Umland - in London absegnen lassen. Am 4. Mai 1915 erfolgte die Aufkündigung des Dreibundvertrages durch Italien. Zu diesem Zeitpunkt hatte es bereits alle militärischen Vorbereitungen zu einem Kriegseintritt auf Seiten der Entente Mächte getroffen. Die Kriegserklärung an Österreich-Ungarn erfolgte am 23. Mai 1915 in Wien und Budapest. Kaiser Franz Joseph I. reagierte darauf mit einem Manifest, dessen Anfangssätze lauteten:

Kaiser Franz Josef I (um 1910, Wikipedia)

"An meine Völker! Der König von Italien hat Mir den Krieg erklärt. Ein Treuebruch, dessengleichen die Geschichte nicht kennt, ist von dem Königreich Italien an seinen beiden Verbündeten begangen worden..."

Die Tiroler Front

Zum Zeitpunkt der Kriegserklärung Italiens bot sich dieTiroler Grenze dem Angreifer nahezu ohne militärischen Schutz dar. Die für den Gebirgskrieg ausgebildeten Infanterie- und Jägerregimenter von Heer und Landwehr kämpften auf den östlichen Kriegsschauplätzen. Die Landesverteidigung lastete auf den Schultern einiger weniger Landsturm-, Reserve- und Marschkompanien, Gendarmarie- und Zollwacheassistenztruppen.

Panzerwerk Forte LeoneDas vom Standschützen-Bataillon Meran am 12. November 1917 eroberte italienische Panzerwerk Forte Leone am Cima Campo im Sugana-Tal östlich von Trient
Kappenabzeichen der Tiroler StandschützenKappenabzeichen der Tiroler Standschützen

Zu diesen traten die nach alter Tradition rasch gebildeten Tiroler und Vorarlberger Standschützenkompanien und andere Freiwilligenverbände aus den Österrreichischen Kronländern - Jünglinge, Greise und mindertaugliche Männer. Die Grenzfestungen (Werke) - ausgenommen die Werke der Hochfläche von Lavarone - waren überaltert. Strategische Gründe zwangen die Heeresleitung gebietsweise die Verteidigungslinie zurückzuverlegen, österreichischen Boden aufzugeben und Ortschaften zu evakuieren.

Entsatz in höchster Not brachte das Eintreffen des Deutschen Alpenkorps (ab 25. Mai 1915) mit Kommandant bayr. GLt. Krafft v. Delmensingen in Brixen und Bruneck. Auf seiner Fahrt durch ein Tiroler Dorf soll er die Frage gestellt haben: "Ich sehe im ganzen Dorf keinen einzigen Mann, nur Weiber, alte Greise und kleine Kinder. Wo sind denn eigentlich alle Tiroler?" Die Antwort lautete: "Ihre Blüte liegt in Ostgalizien begraben. Was davon noch lebt, ist eben hinter den Russen her. Und die ganz Jungen und die ganz Alten stehen dort, wo wir eben hinfahren."

In rascher Folge und noch im Mai 1915 trafen dann österreichische Truppen in Tirol ein, die aus den östlichen Kriegsschauplätze herausgezogen wurden, so dass die Südwestfront bald einen Verteidigungsstand von ca. 224.500 Feuergewehren, 3.000 Reitern und 640 mobilen Geschützen erreicht hatte. Mit diesen gelang es - abgesehen von ein paar wenigen Bergspitzen - die Tiroler Verteidigungslinie bis zum Kriegsende 1918 zu halten. Nach einem blutigen Kriegswinter 1915/16 trat Österreich-Ungarn am 15. Mai 1916 aus dem Raume Südtirol zu seiner als "Strafexpedition" in die Geschichte eingegangenen Offensive an. Diese brachte Geländegewinne im Raume Asiago - Arsiero und die italienischen Sperrforts in österreichische Hand, konnte aber das angestrebte Ziel, den Durchbruch in die venezianische Ebene nicht erzwingen.

Gebirgskrieg

Gebirgskrieg2

Der Gebirgskrieg am Ortler und Tonale und in den Dolomiten ging mit unverminderter Härte weiter und brachte der Südtirolfront einen zweiten Kriegswinter mit allen Schrecken und Verlusten. Hohen Blutzoll auf beiden Seiten verursachte der Minenkrieg mit seinen Gipfelsprengungen und verheerenden Lawinenabgängen im gesamten Frontbereich. Der kämpfende Soldat versuchte dem Feind Mensch ebenso zu widerstehen wie den Unbilden von Gebirgsnatur und Wetter. Verteidigung und Angriff gingen in den Untergrund und schufen weitverzweigte Systeme von Felskavernen und Eisstollen im Inneren der Gletscher.

Am 24. Oktober 1917 setzten österreichische und deutsche Truppen zu einer großangelegten Offensivoperation aus dem Raume Flitsch und Tolmein an, erreichten am 12. November den Piave, konnten jedoch wieder nicht in die Ebene durchbrechen. Für Tirol konnte aber immerhin der Rückzug der italienischen Truppen aus den Dolomiten gewonnen werden. An den übrigen Tiroler Kampfrayonen und den neugewonnenen Frontabschnitten verschlang der Krieg weitere Hekatomben von Soldaten....